Selten war die Berichterstattung, und damit auch die Erwartungen, so gross wie bei Chickenfoot. Chad Smith (Drums), Michael Anthony (Bass), Sammy Hagar (Gesang/Rhythmusgitarre) und Joe Satriani (Leadgitarre) stehen mit ihrem Debut ganz oben in der Liste der meist erwarteten Rockalben in diesem Jahr.
Normalerweise wandelte Joe Satriani bisher hauptsächlich auf Solopfaden. Vom Griffbrett-Akrobaten wird erwartet einen erheblichen Teil zum Erfolg des Projekts Chickenfoot beizutragen. Die Gelegenheit ihn ausführlich zu befragen erhielt Stringworks vor einigen Tagen. Als das Telefon zur Mittagszeit bei der Stringworks Redaktion klingelt, ist Joe Satriani am Apparat.
Seit dem Zeitpunkt, als Chickenfoot offiziell bestätigt wurde, schenkten die Fans und die Medien der Band eine Menge Aufmerksamkeit. Wie geht ihr mit den Erwartungen um, die eine „Supergroup“, wie ihr manchmal genannt werdet, weckt?
Das ist schon ok. Damals sind wir die Sache ganz langsam angegangen und haben uns nur für ein paar Tage zum Jam getroffen. Einige Monate später folgte ein weiteres Treffen. Dabei ging es uns von Anfang an nur um die Musik.
Das Plattenlabel suchten wir uns selbst aus. Die Produktion, das ganze Album, haben wir selbst finanziert. Wir haben das alles gemacht, weil wir enorm viel Spass zusammen hatten. Unseren Sound empfanden wir immer als sehr eigenständig und speziell, weshalb wir nie das Gefühl hatten die Erwartungen anderer Leute erfüllen zu müssen.
Man spürt das, wenn man sich die Songs anhört. Obwohl ihr noch nicht wahnsinnig lange zusammen seid, klingt euer Quartett sehr eingespielt. Wie fühlt es sich an, zusammen mit den drei Jungs zu spielen?
Es ist fantastisch. Das erste Mal, als wir zusammen live auf der Bühne gestanden sind, war vor etwa einem Jahr, in Las Vegas. Auf Anhieb war da eine positive musikalische Energie und es fühlte sich alles sehr natürlich an. Es ist sehr aufregend und spannend.
Seit vielen Jahren spielst du wieder in einer richtigen Band. Gibt es grosse Unterschiede zu deiner Solokarriere, wo sich normalerweise alles um deine Gitarrenarbeit dreht?
Es ist zweifellos etwas komplett anderes in einer Band mit einem Sänger zu spielen. Von Instrumentals auf Songs mit Gesang überzugehen erfordert eine differenzierte herangehensweise bei den Arrangements. Alles geht drunter und drüber [lacht].
Ich wollte eigentlich immer die Musik spielen, mit der ich aufgewachsen bin. Dabei stellte ich mir vor in einer Band zu spielen, wie Jimmy Page zum Beispiel. Ein Gitarrist in einer Band, mit einem Sänger.
Ich erlebe eine erfolgreiche Karriere als Instrumental-Musiker. Dass es soweit gekommen ist, war eher ein Unfall. Bis hierher, bis zu Chickenfoot, war es eine sehr interessante Reise.
Also ist Chickenfoot keine einmalige Sache? Wird man auch nach diesem Album weiter von euch hören?
Ich denke schon. Das Gefühl in dieser Band ist, dass wir etwas gestartet haben, was wir solange als möglich fortführen möchten. Wir gehen bald auf Tour, zuerst in den USA und später in Europa. Die Auftritte dauern bis in den Herbst hinein. Danach wissen wir noch nicht, wie sich unsere anderen individuellen Termine mit Chickenfoot koordinieren lassen. Wir nehmen das Ganze Schritt für Schritt.
Sprechen wir über das Album. Wie würdest du es beschreiben?
Das Album ist für mich eine fantastische Rockmusik-Sammlung. Das klingt vielleicht etwas simpel, aber genau das ist es. Wir haben dafür zwölf Songs aufgenommen. Jeder einzelne Song hat einen eigenen Stil und eine eigene Struktur. Und jeder von uns hat mit passenden Performances dazu beigetragen.
Es ist deshalb ein klassisches Rockalbum. Keines, einer Supergroup, wo jeder an seinem Instrument abgeht wie verrückt und versucht Aufmerksamkeit zu erhaschen. Das Album lebt von diesem Band-Feeling, wo jeder sehr inspiriert ist. Das wichtigste war immer der Song. Ich denke, das hört man.
Ok, ab und zu flippt einer von uns aus. Irgendwie haben wir`s dann fertig gebracht dies gut in den Song zu verpacken [lacht].
Wie lief das Songwriting ab: Hat Chickenfoot diesbezüglich einen Leader oder habt ihr alle eigene Ideen zum Album beigesteuert?
Es gibt da eine kleine Vorgeschichte. Ich kenne Sammy [Hagar] schon viele Jahre und war schon mal zusammen mit ihm in einer Band, die sich „Planet Us“ nannte. Sam lud mich ins Studio ein, um einige Ideen und Songs aufzunehmen. Die meisten Songs waren eine Kombination aus meiner Musik und Sams Melodien und Gesang.
So ähnlich war es auch hier. Wobei einige Ideen auch von den anderen beiden Jungs stammen. Wichtig zu erwähnen ist, dass alle Arrangements Band-Arrangements sind. Jedesmal, wenn wir einen Song aufgenommen haben, hatten Mike, Chad, Sam oder ich eine sehr genaue Vorstellung von der Richtung, in die der Song gehen soll.
Wir haben uns immer aufmerksam zugehört, denn wir wollten einzigartig klingen. Wir wollten nicht klingen wie Sammy mit neuem Gitarristen, oder Chad mit einem neuen Sänger. Das wollten wir verhindern, indem wir uns alle Ideen angehört haben.
Was deine Gitarrenparts angeht: Täusche ich mich oder klingst du bei Chickenfoot ein wenig rauer und direkter als auf deinen Soloalben? Hast du in Punkto Spieltechnik und Equipment etwas verändert?
Die grösste Änderung war ein neuer Peavey 50-Watt Head, den ich für manche Songs verwendet habe. Bei vier Songs habe ich mein Live-Equipment wie zuletzt auf der Tour zu „Professor Satchafunkilus And The Musterion Of Rock“ benützt.
Am wichtigsten waren uns die Rhythmusgitarren, die wir als tragenden Hintergrund nicht übertönen wollten. Das bedeutete bei einigen Aufnahmetechniken etwas weniger zu experimentieren. Wir wollten die Gitarren, den Gesang, die Drums und den Bass möglichst ausgeglichen behandeln. Das erzeugt vielleicht diesen rohen, Rock`N Roll typischen Sound.
Also war es für dich nicht schwierig ein wenig kürzer zu treten?
Überhaupt nicht, es hat eine Menge Spass gemacht! Die Unterschiede zwischen den einzelnen Songs sind teilweise sehr gross. Zwischen „Get It Up“ und „Sexy Little Thing“ beispielsweise gibt es riesige Unterschiede, nicht nur im unterschiedlichen Gitarrenspiel. Die Songs könnten von zwei unterschiedlichen Bands stammen.
Es war unser Ziel zehn bis zwölf grossartige Songs zu haben und unsere ganze Energie reinzugeben. Es war nie hart, es hat immer Spass gemacht.
Würdest du sagen, dass es für dich ein Lernprozess war?
Absolut, das war es!
Was sind deine Erwartungen, wenn ihr im Sommer nach Europa auf Tour kommt?
Ich freue mich sehr darauf. Vor einigen Wochen haben wir eine Live-Show für unseren US-Vertriebspartner Best Buy gespielt. Es war so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Vor jedem Song habe ich mich gefreut ihn zu spielen. Das einzige Problem war die relativ kurze Spielzeit, wir hatten nur eine Stunde.
Habt ihr euch entsprechend vorbereitet?
Naja, wir sind ein wenig im Verzug mit dem Üben. Zwei von uns leben in Südkalifornien, Sammy und ich im Norden Kaliforniens. Zwischen unseren Projekten und Familien ist es schwierig zusammen zu kommen. Aber bis zur Release-Party Ende April üben wir fleissig. Zum Tourstart in Europa sind wir dann bestens vorbereitet.
Was sind deine persönlichen Erwartungen, sobald das Album auf dem Markt ist?
Es ist schon ein spezielles Gefühl Teil eines Albums zu sein. Wenn es auf den Markt kommt hoffst du natürlich immer auf eine Nummer eins [lacht]. Im Ernst: Es bringt nichts sich irgendwelche Zahlen vorzustellen. Dazu ist dieses Business zu verrückt. Das einzige, was du tun kannst, ist sicherzustellen, dass das Album deine musikalischen Ideen perfekt repräsentiert. Wenn du das getan hast und deine Arbeit liebst, dann kannst du zufrieden sein. Natürlich hofft man, dass die Leute das Album respektieren und ebenfalls mögen.
Hast du irgendwelche Pläne für deine Solokarriere?
Nichts spezielles, nein. Es wird eine Live-DVD geben, die wir letzten Juni in Paris aufgezeichnet hatten. Ich hoffe, dass wir die DVD im September veröffentlichen.
Werdet ihr die Chickenfoot-Shows ebenfalls aufnehmen?
Ich denke schon. Ich liebe Live-Aufnahmen. Bei einer so tollen Band wie Chickenfoot wäre es dumm keine Aufnahmen zu machen. Hoffentlich gibt es einige gute Möglichkeiten für Live-Aufnahmen. Diese Band ist live voller Energie.
Metallschaedel meint
Well done. Informativ – ausführlich.
Michael Herb meint
Danke. Hat auch ausserordentlich Spass gemacht mit ihm zu plaudern. Irgendwie erstaunt es mich immer wieder, wie normal die Leute trotz enormer Bekanntheit sind. Toller unkomplizierter Typ, der Joe.