„Ich würde gerne mit Anderen zusammen spielen, aber ich trau` mich nicht“. Das waren meine Gedanken, kurz nach dem ich damit begonnen hatte Gitarre zu spielen.
Als ich damals begann Gitarrenunterricht zu nehmen stellte ich mir vor, wie es wohl wäre einmal zwischen Drums, Bass & Co selbst Teil einer Band zu sein. Diese Vorstellung war jedoch sehr weit weg, da ich gerade mal ein paar Griffe beherrschte.
Ein Jahr später spielte ich zusammen mit meinem Gitarrenlehrer einzelne Songs nach. Und als es darum ging die ersten Schritte zum Solieren zu machen, war es äusserst praktisch immer eine Rhythmus-Unterstützung zu haben.
Weil ich zu Hause ausschliesslich alleine geübt und gespielt hatte, animierte mich mein Gitarrenlehrer dazu die nächste Stunde zusammen mit einem seiner anderen Schüler zu absolvieren. Was als abwechselndes Element im Unterricht begann, entwickelte sich zu einer nachhaltigen Erfahrung. So traf ich mich mit diesem Schüler Woche für Woche, um gemeinsam zu jammen. Später entstand aus einem spontanen Jam unter Arbeitskollegen eine Band, in der ich bis heute spiele. Soweit meine Story.
Es gibt offensichtlich mehr Gitarristen als ich dachte, die sich nicht trauen mit anderen Musikern in Kontakt zu treten. Dieser Artikel soll alle diejenigen ermutigen den ersten Schritt zu machen. Es muss ja nicht gleich eine Band sein. Gitarre-Bass oder Gitarre-Gitarre reichen völlig aus, um Erfahrungen zu sammeln und Spass zu haben.
1. Musikalischer Austausch & Erweiterung des Horizonts
Mit anderen Musikern über die persönlichen Vorlieben zu plaudern macht nicht nur Spass, sondern erweitert den eigenen musikalischen Horizont. Es gibt nichts effektiveres, als durch die Bandkollegen auf neues oder unbekanntes Futter für die Ohren aufmerksam zu werden. Musikerkollegen funktionieren in dieser Beziehung besser als jedes Empfehlungssystem von Musikdiensten.
2. Andere Instrumente kennenlernen und verstehen
Wer nur die eigene Axt kennt, wird sich wundern, welchen Einfluss andere Instrumente und Musiker auf die eigene Spielweise haben können. Die unterschiedlichen Charakteren und Dynamiken von Drums, Bass & Co animieren zum bewussteren Zuhören. So hat sich schon manche gute Idee bei uns im Proberaum entwickelt.
3. Dynamik
Der vorherige Punkt ist quasi die Überleitung zur Dynamik. Ich denke, jeder Gitarrist spielt ab und zu über einen Backingtrack ab Band. Das ist ja auch eine gute Sache. Es vermittelt aber nur teilweise Dynamik, wie sie im Live-Zusammenspiel unter mehreren Instrumenten entsteht. Mit zunehmender Erfahrung kann das gegenseitige Anheizen oder Zurücknehmen gezielt eingesetzt werden. Solche Spannungsbögen sind es, die jede Performance irgendwie einzigartig machen.
4. Rhythmus und Timing
Unbezahlbar ist das Gefühl für Rhythmus und Timing, das man erst richtig vertiefen kann, wenn alle im Gleichschritt marschieren. Selbstverständlich meine ich damit nicht, dass das Üben per Metronom dadurch überflüssig wird. Da aber keine Band der Welt 100% genau unisono einen Beat durchziehen kann, ist Abstimmung gefragt – und sei es eine noch so kleine Abweichung.
5. Motivation
Seien wir ehrlich: Wer nach einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause kommt kann leicht der Versuchung des Nichts-tuns erliegen. Anstatt zur Gitarre ist der Griff zur Fernbedienung wesentlich einfacher. So jedenfalls ist es mir immer wieder ergangen. Das hat sich verändert, als ich die Jungs getroffen habe. Die Aussicht auf die nächste Probe hat mich dermassen motiviert, dass die aufgestaute Müdigkeit wie weggeblasen war. Und diese Motivation liess sich meistens auf die ganze Woche ausdehnen, was das Üben zu Hause wesentlich angenehmer gestaltete.
6. Feedback
Ob zu Zweit mit dem Gitarrenlehrer oder in der Band: Es hilft immer konstruktives Feedback zu erhalten. Spieltechnische Schwierigkeiten und Fehler bemerkt man meistens selbst. Im Zusammenspiel mit anderen Musikern kommt es zusätzlich zu wertvollem Feedback, das dich als Gitarrist weiterbringt.
7. Die Magie des Moments
Es gibt Team-Momente, die man nur schwer beschreiben kann. Im Fussball kann es das blinde Verständnis zwischen zwei Stürmern sein. Im Bobsport eine perfekte Fahrt der Crew. In der Musik gibt es solche Momente selbstverständlich auch. Für mich ist es etwas vom Besten, wenn alle Bandmitglieder Eins werden. Der Moment, wenn man die Gitarre loslässt und nur noch den Song in den Ohren hat. Das zusammen zu erleben kann einem einen ungeheuren Kick geben.
8. Etwas gemeinsam erschaffen
Gemeinsam an etwas zu arbeiten und bis zum Schluss durchzuziehen ist klasse. Dabei ist es völlig unwichtig ob damit eine Jameinlage, ein Song, eine Idee oder ein komplettes Album gemeint ist. Es ist eine tolle Erfahrung, die noch mehr zusammen schweisst.
9. Intensität des Erlebnisses
Was für den Besuch eines Fussballspiels oder eines Konzerts gilt, das trifft auch auf das Musik machen zu. Es geht zwar auch alleine, aber zu Zweit oder in der Gruppe ist es spannender.
10. Geiles Gefühl
Lange hatte ich überlegt, was ich als zehnten Punkt aufführen soll. Es ist mir aber nichts eingefallen, was nicht bereits zuvor abgehandelt wurde. Kurz und knapp sage ich daher: In der Gruppe zu musizieren ist einfach geil!
Trau dich
Ich hoffe, dass ihr „Wohnzimmer-Gitarristen“ ein wenig Inspiration erhalten habt. Nicht, dass alleine spielen und üben eine schlechte Sache wäre – ganz im Gegenteil. Nur ist es so, dass euch ohne Interaktion mit anderen Musikern eine Menge Erfahrungen abgehen. Es wäre schade, diese nicht zu machen.
Ich freue mich von euren persönlichen Erfahrungen zu hören.
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Andreas meint
Absolut richtig. Wer einmal in einer Band gespielt hat wird es immer wieder tun.
Rock on.
Andy
Karin brunner rain meint
Hätte jemand lust mit mir gitarre zu spielen und mit was beibringen ? Grüessli
Dagmar meint
Hallo Karin,
seit einigen Monaten suche ich jemanden, der Lust hat mit mir zusammen zu spielen. Die Motivation ist größer, wenn mann nicht alleine in seinem Kämmerchen Gitarre spielt.
Falls du noch Interesse haben solltest, würde ich mich freuen, wenn du dich meldest.
Dagmar
Tyler Padleton meint
Vielen Dank für den Beitrag über das Gitarrespielen mit anderen. Mein Neffe hat auch damit angefangen, privaten Gitarrenunterricht zu nehmen und hat viel Gefallen daran gefunden, mit Freunden zusammen in einem Proberaum zu spielen. Es stimmt, dass es dabei vor allem zu wertvollen musikalischen Austausch kommt.