Manchmal werden Gitarren richtig berühmt. Und manchmal werden auch nach Gitarristen benannte Gitarren richtig berühmt. Allerdings ist es eher selten der Fall, dass die Berühmtheit der Gitarre die des Musikers irgendwann übersteigt. Bei Les Paul und der Gibson Les Paul ist das allerdings der Fall.
Fragt man Gitarristen, angehende Gitarristen, Luftgitarrenspieler und Gitarrenliebhaber, ob ihnen die Gibson Les Paul bekannt ist, so werden die meisten mit einem eindeutigen „ja“ antworten. Kein Wunder, unzählige berühmte Gitarristen nutzten die Gibson Les Paul ab und an oder überwiegend und steigerten auf diese Weise den guten Ruf der Gitarre: Jimmy Page, Pete Townshend, Billy Gibbons und James Hetfield sind nur wenige der bekannten Namen, die mit der Gibson Les Paul in Verbindung gebracht werden. Fragt man dieselben Leute, die eventuell ganz viele Dinge über die Gibson Les Paul wussten, wer denn eigentlich Les Paul gewesen ist, kommt plötzlich oftmals grosses Schweigen. Les Paul ist der, nach dem die Gibson Les Paul benannt ist. Und weiter?
Widmen wir uns einmal dem Musiker Les Paul, bevor wir uns der nach ihm benannten Gitarre zuwenden. Les Paul, dessen richtiger Name Lester William Polsfuss lautet und der bereits 1915 geboren wurde, kombiniert zwei Talente, die beide gemeinsam dafür sorgen, dass er in der Musikwelt unvergessen bleiben wird: Er spielte gut Gitarre, zeigte Techniken, die er entwickelt oder mitentwickelt hat, und die heute zum gängigen Repertoire von E-Gitarristen gehören: etwa den Einsatz von Vibratos oder das Benden der Saiten. Und er ist ein ebenso guter Elektronikbastler. Obgleich er Hits hatte, die ihn als Gitarristen auszeichneten, ist seine Tätigkeit als Elektronikbastler vielleicht noch bedeutender für die Musikwelt. Auszeichnungen heimste er für beide seiner Talente ein: So zogen er und seine Exfrau Mary Ford 1978 in die Grammy Hall of Fame ein; 2005 nahm man ihn für die von ihm entwickelte Les Paul – Gitarre in die National Inventors Hall of Fame auf. Les Paul ist allerdings nicht allein der Erfinder der Gibson Les Paul, sondern auch als wichtiger Entwickler des Multitrack Recordings bekannt, also der Aufnahme mehrerer Tonspuren. Ohne ihn sähe die Moderne der Musik mit Sicherheit ein ganzes Stückchen anders aus.
Kurzbiografie
Geboren wurde Lester William Polsfuss (Les Paul) am neunten Juni 1915 in der Stadt Waukesha in Wisconsin. Angehender Musiker wurde er spätestens irgendwann im Verlauf seines achten Lebensjahres. Er lernte zunächst das Mundharmonikaspiel, später spielte er Banjo, bevor er zur Gitarre wechselte. Bereits im Alter von 13 Jahren soll er sich als Country-Gitarrist sein erstes Geld verdient haben, andere Quellen sprechen von einem ersten Auftritt Les Pauls im Alter von vierzehn Jahren auf einem Parkplatz. Der Beginn der Elektronikbasteleien des jungen Les Paul soll etwa zur selben Zeit erfolgt sein. Les Paul war wohl der typische Bastlertyp, dem etwa Mikrofone im auseinandergenommenen Zustand mindestens ebenso gut gefielen wie intakt. Die Bastelei und die Musik schienen ihn jedenfalls so sehr gepackt zu haben, dass er mit etwa sechzehn Jahren der Schule Lebewohl sagte, um fortan als Musiker zu leben.
Dem Verlassen der Schule folgten turbulente Zeiten, in denen Les Paul mehrfach umzog und mit mehreren anderen Musikern auf Bühnen auftrat. Erste Alben spielte Les Paul 1936 ein: eine Hillbillyplatte und eine mit der Bluessängerin Georgia White, in deren Begleitband er spielte. Acht Jahre später (1944) trat er gemeinsam mit Nat King Cole in Las Vegas auf und wurde darüber hinaus näher mit Bing Crosby bekannt. Beide zusammen brachten ein Jahr später den Titel „It’s Been a Long, Long Time“ ganz nach oben in die damaligen Charts.
1948 folgte allerdings fast das Aus für Les Pauls Gitarristenkarriere durch einen Unfall; er hatte jedoch Glück. Um sein Glück zu vervollkommnen, heiratete er ein Jahr später die Sängerin Mary Ford, mit der er in den 50er Jahren auch musikalisch erfolgreich zusammen war. Das Paar verzeichnete neben musikalischen Highlights TV-Erfolge: Etwa sieben Jahre lang lief in den USA „The Les Paul and Mary Ford at Home Show“ (1953 bis 1960). Ruhiger um Les Paul, dessen Ehe mit Mary Ford 1963 endete, wurde es in den sechziger Jahren. Er blieb jedoch aktiver Musiker und feierte noch mehrere Erfolge: etwa durch das mit einem Grammy ausgezeichnete Album „Chester and Lester“, das er 1976 gemeinsam mit Chet Atkins veröffentlichte. Nach wie vor tritt der mittlerweile über 90-jährige bisweilen auf die Bühne: im New Yorker Jazzclub Iridium. Als Les Paul 2005 sein Album „Les Paul & Friends: American Made, World Played“ aufnahm, gaben sich viele berühmte Gitarristen wie Richie Sambora, Eric Clapton und Peter Frampton die Klinke der Studiotür in die Hand, um mit ihm im Duett zu spielen. Ein Meister wurde geehrt.
Bands
Les Paul ist nicht wie manch anderer Musiker bekannt für seine Zeit als Mitglied berühmter Bands. Namen wie Rube Tronson’s Cowboys oder Wolverton’s Radio Band sind heute nahezu vergessen. Lang, lang ist’s her! Das gilt auch für seine Zusammenarbeit mit seiner damaligen Ehefrau Mary Ford, mit der er in den 50ern Hits einspielte wie „How High the Moon“, The World Is Waiting For Sunrise“, „Mockin’ Bird Hill“ und „Vaja Con Dios“. Geblieben ist der Name Les Paul, den Gitarristen in Ehren halten werden: und das nicht allein wegen der von ihm entwickelten Gitarre.
Der Erfinder Les Paul
Dieses Les Paul Portrait würde eindeutig zu kurz greifen, wenn es sich nur dem Musiker und nicht dem Erfinder Les Paul widmen würde, der die Welt der Musik auch auf diese Weise geformt hat. Das Interesse an Elektronik entwickelte sich bei Les Paul in etwa zur selben Zeit wie das für die Gitarre: in seinen Jugendtagen, in denen er Mikrofone einer eingehenden Untersuchung unterzog oder sich ein Aufnahmegerät baute. Seine Leidenschaften, die Musik und die Elektronik, passten glänzend zusammen. Mit dem Bau elektrischer Gitarren begann er irgendwann in den 30ern. Seine erste E-Gitarre soll aus einer Eisenbahnschwelle entstanden sein. Eigentümliche Ideen zeichneten den Bastler aus, Ideen, mit denen nicht jeder gleich etwas anfangen konnte. So liess Les Paul etwa von den Larson Brothers, Instrumentenbauern aus Chicago, eine Gitarre ohne F-Löcher bauen. Obwohl die Larson Brothers zunächst nicht sehr von den Ideen Les Pauls überzeugt waren, bauten sie das Ding und… es funktionierte gut.
Andere Menschen zu späterer Zeit vertrauten Les Paul und unterstützten ihn sofort: etwa Bing Crosby, mit dem Les Paul auch gemeinsam musizierte. Crosby fungierte ab etwa 1944 als Geldgeber, der die experimentellen Aufnahmen Les Pauls förderte. Zu jener Zeit war ein Vorläufer von dessen wohl berühmtester Erfindung, der Gibson Les Paul, bereits Realität. Das Multitracking war eine weitere Erfindung, der sich Les Paul sehr erfolgreich widmete. 1947 nutzte er Wachs-Discs, um mit ihnen acht verschiedene Gitarren-Einspielungen zum Song Lover (When You’re Near Me) zusammenzufügen. 1954 liess er die Technik weiterentwickeln. Ampex baute nach seinen Vorgaben einen achtspurigen Bandrecorder, der bereits Aufgenommenes abspielte, während eine neue Aufnahme entstand, was es dem aufgenommenen Musiker erleichterte, den neuen Part ins bereits Vorhandene einzufügen. „Sel-Sync“ wurde dieses Verfahren später genannt. Les Paul hatte die Welt der Musik und musikalischer Aufnahmen einmal mehr einen wichtigen Schritt nach vorne gebracht.
Die Gibson Les Paul
Sonntags wurde beim Instrumentbau-Unternehmen Epiphone nicht gearbeitet. Les Paul kam das zugute. Er soll die Sonntage in den Epiphone-Räumen genutzt haben, um hier 1941 einen Vorläufer der später als Gibson Les Paul berühmt werdenden Gitarre zu bauen. Dieser Vorläufer soll zunächst aus einem einfachen Holzklotz, Tonabnehmern, einem Steg und einem Gitarrenhals bestanden haben. Vielleicht grösster Vorteil im Vergleich zu anderen elektronischen Gitarren damaliger Zeit war der massive Korpus, der Rückkoppelungen vermied und einen sehr sauberen E-Gitarren-Ton erzeugte.
Bereits relativ früh suchte Les Paul Kontakt mit Gibson, allerdings zeigte das Unternehmen zunächst recht wenig Interesse an dem eigentümlichen Bastler. Das änderte sich erst, als der Gibson-Konkurrent Leo Fender eine Gitarre mit solidem Korpus auf den Markt brachte. Gibson sah sich in Zugzwang, kooperierte ab etwa 1951 mit Les Paul und baute die Gibson Les Paul. Ob nun Gibson oder Les Paul selbst grösseren Anteil an der Entwicklung hatten, darüber wird noch immer gestritten. Fakt ist, dass die Gibson Les Paul ab 1952 angeboten wurde, kleine Kinderkrankheiten überwand und sich Stück für Stück die Musikwelt eroberte.
1957 folgten die ersten Humbucker-Tonabnehmer, bevor vier Jahre später das vorläufige Aus für die Gibson Les Paul kam. Die Gibson SG enterte den Markt; anfangs hiess sie noch Gibson Les Paul SG, allerdings distanzierte sich Les Paul von der neuen Gitarre, sodass sein Name für die SG nicht mehr verwendet wurde. Die gute alte Gibson Les Paul wurde erst einmal nicht mehr produziert. Dann jedoch kam der Bluesrock. Immer wieder tauchten dort noch vorhandene Modelle der Gibson Les Paul auf. Gibson mag sich gedacht haben, dass mit der Gibson Les Paul vielleicht doch noch lukrative Geschäfte zu erzielen seien und nahm die Gitarre nach Absprache mit Les Paul 1968 wieder ins Programm. Im Laufe der Zeit entstand eine ganze Reihe unterschiedlicher Modelle, die auf Bühnen auf der ganzen Welt gespielt wurden. Mittlerweile mutmassen einige gar, die berühmte Gitarre könnte unsterblich sein und eventuell ist diese Mutmassung gar nicht so falsch.
Diskografie
Würde man hier die Diskografie all derjenigen Gitarristen aufführen wollen, die die Gibson Les Paul nutzen oder genutzt haben, man würde wohl Dutzende von Seiten füllen. Beschränken wir uns daher auf die Diskografie des Musikers, dessen Namen die vielleicht berühmteste E-Gitarre der Welt trägt.
Hit-Singles
„Lover (When You’re Near Me)“
„How High the Moon“
„Vaya Con Dios“
„Bye Bye Blues“
„I’m Sitting on Top of the World“
Alben
The Les Paul Trio
Swingin’ South
Lover’s Luau
Warm and Wonderful
New Sound
Hits of Les and Mary
Les Paul Now!
Chester and Lester – Album mit Chet Atkins
Les Paul & Friends: American Made, World Played
Fotos © Gibson Guitars
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